Ein Interview mit Frank Plaß und Andreas Koch. Erschienen im ECHO der Vielfalt 04/2021
Wie hat sich Ihre Arbeit seit Corona geändert?
Wir haben uns in der ersten akuten Phase (März 2020) der Pandemie schnell dazu entschlossen, einen Krisenstab mit Mitglieder aus allen Arbeitsbereichen der GrünBau gGmbH zu gründen. Ziel ist es, die zahlreich aufkommenden Informationen gemeinsam zu bewerten. Die gewonnen Informationen flossen unmittelbar als Newsletter der Geschäftsleitung ins Unternehmen, um möglichst alle Mitarbeitenden auf den gleichen Informationsstand zu halten, wenn möglich mit beruhigende Antworten.
Einen großen Teil der aktuellen Arbeit macht die Synchronisierung der täglichen Arbeit mit den gültigen Schutzvorkehrungen aus. Dafür haben wir ein Schutz und Hygienekonzept mit Handlungsanweisungen entwickelt. Die Beschaffung von Desinfektionsmitteln, Mund-Nasen-Schutz, Warnhinweisen und die Herstellung von Spuckschutzwänden durch die eigene Holzwerkstatt waren eine große Herausforderung.
Vor der Corona Pandemie diskutierten wir innerhalb des Unternehmens noch über den Sinn und Unsinn der digitalen Transformation in der sozialen Arbeit, heute erleben wir diese Transformation in unfassbar schnellen Abläufen. Videokonferenzen, digitale Lernplattformen, persönliche Beratung über Live-Streams, LiveStreams für die Belegschaft, alles Themen, die innerhalb kürzester Zeit eingeführt werden mussten. Da z.B. Angebote der Arbeitsmarktförderung nicht mehr mit physischer Präsenz stattfinden dürfen, war die Suche nach geeigneten Lernplattformen und die Motivierung der Teilnehmenden, diese auch zu nutzen, eine gewaltige Herausforderung.
Der Digitalisierungsschub ist aber kein Allheilmittel. Vielen Menschen fehlen die Tagesstruktur und die sozialen Kontakte zu den Arbeitskolleg*innen. Die Anforderungen an digitale Ausstattung für alternative Lernformen birgt darüber hinaus die Gefahr einer Vertiefung der digitalen Spaltung der Gesellschaft zu Lasten der Menschen, die sich keine digitalen Endgeräte leisten können oder denen nicht genügend Datenvolumen zur Verfügung steht. Home-Office bei Mitarbeitenden mit Kindern führt zu Mega-Stress bei den Eltern und zu noch mehr Stress bei den Kindern. Ein großes Problem ist es, den beruflichen und privaten Alltag unter einen Hut zu bringen. Als Arbeitgeber unterstützen wir unsere betreffenden Mitarbeitenden, indem wir Home-Office und eine flexible Arbeitszeitgestaltung ermöglichen. Wir müssen die Auswirkungen des HomeOffice aber ganz genau beobachten. Es gibt Mitarbeitende, die sich allein gelassen fühlen. Ihnen müssen wir andere Möglichkeiten anbieten.
Was sind die aktuellen Herausforderungen?
Nach dem ersten Lockdown ging es darum, die Schutzstandards im Betrieb umzusetzen. Dabei reicht es nicht aus, ausschließlich die Mitarbeitenden für das Thema zu sensibilisieren, sondern insbesondere auch die Teilnehmenden in den unterschiedlichsten Projekten regelmäßig über die Einhaltung der Schutzstandards zu unterweisen. Dabei ist die Aufbereitung sinnvoller Informationen für die unterschiedlichsten Zielgruppen von Migranten-Communities, über gehörlose Mitarbeitende im Garten- und Landschaftsbau, bis hin zu Jugendhilfeteilnehmenden eine Herausforderung.
Die finanzielle Planungssicherheit spielt in jedem Unternehmen eine große Rolle, insbesondere aber in Non-Profit-Organisationen. Und genau diese Planungssicherheit war zu Beginn der Pandemie nicht vorhanden. Tatsächlich kam es nicht so schlimm wie befürchtet. Viele Projekte können in alternativer Durchführungsform weitergeführt werden. Der Wermutstropfen bei den alternativen Durchführungsformen ist aber, dass viele Auftraggeber die Platzzahl der Teilnehmenden auf das Minimum reduzieren, was zu deutlichen finanziellen Einbußen führt.
Durch die stark reduzierte persönliche Beratung werden weniger Teilnehmende von unseren Auftraggebern für Maßnahmen vorgeschlagen. Kurzzeitig mussten wir Kurzarbeit anmelden. Abschließend könnte man es aber so formulieren „Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen“.
Was hat sie positiv überrascht?
Trotz aller Unsicherheit über finanzielle Aspekte und private Sorgen, konnten wir einen erheblich gesteigerten Zusammenhalt feststellen. Das Bedürfnis nach Zugehörigkeit, Kollegialität und Austausch wurde durch die Coronakrise verstärkt. Schnelle Anpassungen und flexibles Handeln waren möglich. Alle Mitarbeitenden, Teilnehmende und Kunden zogen mit, wenn mal wieder eine Kurskorrektur nötig war.
Was bleibt hoffentlich nach der Krise?
Unsere Antwort lautet, dieses gestärkte Gemeinschaftsgefühl zu erhalten, auch im jetzigen Wettlauf nach den Impfungen, der die Gefahr von Neid und Missgunst zwischen Berufsgruppen und Generationen mit sich bringt. Wir sollten die positiven und die negativen Erkenntnisse der Corona-Krise nutzen. Es sollten Strukturen erhalten bleiben, die uns in dieser Zeit von Nutzen waren, seien es Videokonferenzen oder differenzierte Home-Office Möglichkeiten. Dabei sollten wir wirklich Alle mitnehmen und die entsprechenden Strukturen schaffen.
Corona hat uns auch gezeigt, wie gespalten unsere Gesellschaft ist: Die Armen wurden ärmer, die Reichen wurden reicher. Damit können wir uns nicht abfinden. Die Kluft muss geschlossen werden. Damit das klappt, braucht es einen WUMMS in Richtung Umfairteilung und Solidarität.
GrünBau gGmbH
Frank Plaß / Andreas Koch
(Bild: Echo der Vielfalt 04/2021)